Eine Studie der Universitäten Bern und Zürich, an der Bildungsökonom Stefan Wolter mitbeteiligt ist, lässt aufschrecken. Erst im Jahr 2025 sei die Corona-Krise in der Berufsbildung ausgestanden. Im Vergleich zu einer Welt ohne das Virus würden mit den Auswirkungen der Corona-Krise in den nächsten fünf Jahren total 5000 bis 20 000 weniger Lehrverträge abgeschlossen. Bis zu 20 000 Jugendliche würden also ohne eine Lehrstelle dastehen. In der Wirtschaft werde kein Platz für sie vorhanden sein. Die Kantone würden unter Zugzwang geraten. Sie müssten den Jugendlichen eine andere Ausbildung anbieten. Zum Problem werde vor allem der Faktor Zeit. Viele Jugendliche könnten diese Krise nicht mehr aussitzen, wie es noch in der Finanzkrise möglich gewesen sei: Ein einziges Brückenjahr würde nicht mehr reichen. Gerade schulisch schwache Schüler würden riskieren, mehrere Jahre in Zwischenlösungen stecken zu bleiben. Das sind düstere Prognosen für die Berufsbildung in der Schweiz.
Die Massnahmen der Hauptabteilung Berufsbildung zur Unterstützung der Jugendlichen ohne Lehrstellen sind vielfältig.
Nur leichter Rückgang im Kanton Baselland
In unserem Kanton sieht die Situation für kommenden Sommer nicht so dunkel aus. Gemäss der Umfrage, welche die Wirtschaftskammer und die Handelskammer zusammen mit der Hauptabteilung Berufsbildung bei den Lehrbetrieben im Kanton Baselland durchgeführt haben, zeigt sich zwar aufgrund der Corona-Krise ein leichter Rückgang der angebotenen Lehrstellen, es hat aber Mitte Mai immer noch rund 700 offene Lehrstellen. Kurzfristig für den Sommer sieht die Lehrstellensituation für die suchenden Jugendlichen also immer noch viel versprechend aus. Das verdanken wir den Lehrbetrieben im Kanton Basel-Landschaft. Seit Jahren sind diese verlässliche Partner in der Berufsbildung. Mit ihrem Angebot von noch rund 700 Ausbildungsplätzen bekennen sie sich auch in schwierigen Zeiten zur Berufsbildung. Einige Betriebe sind bereit, noch zusätzliche Plätze anzubieten und halten damit das gesamte Angebot hoch. Einige Betriebe kämpfen um ihre betriebliche Existenz und können ihre Lehrstellen nicht mehr anbieten. Wie sich die Situation im Baselland längerfristig entwickelt, lässt sich heute aber noch nicht beurteilen.
Pluspunkte im Kanton Basel-Landschaft sind das Zentrum für Brückenangebote, das für den Start im Sommer ganz neu aufgestellt wurde und mit einem schulischen, einem integrativen und einem kombinierten Profil starten wird, und das Zentrum für Berufsintegration, in dem Jugendliche von Berufsintegrationscoaches auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz begleitet werden. Mit diesen beiden Institutionen ist der Kanton Basel-Landschaft bestens gewappnet und steht nicht unter Zugzwang wie Wolter schreibt. Vielmehr ist die Hauptabteilung Berufsbildung überzeugt, dass es darum geht, die bestehenden Strukturen für die Lehrstellensuche zu stärken und Angebote innerhalb dieser anzupassen und weiterzuentwickeln.
Im einem 14-täglich stattfindenden Monitoring werden von den Sekundarschulen, dem Zentrum für Brückenangebote und dem Zentrum für Berufsintegration die Daten über die Anschlusslösungen ihrer Schülerinnen und Schüler, respektive Jugendlichen erfasst. Per 20. Mai 2020 sind noch 134 Schülerinnen und Schüler aus den Sekundarschulen und 120 aus den Brückenangeboten auf der Suche nach einer Lehrstelle. Vom Zentrum für Berufsintegration werden weitere 111 Jugendliche gemeldet. Total sind also noch 365 Jugendliche im Baselland auf Lehrstellensuche. Aufgrund der offenen 700 Lehrstellen ist zu hoffen, dass trotz der Corona-Krise noch sehr viele dieser Jugendlichen eine Lehrstelle finden werden.
Gemäss einer Umfrage bei den Lehrbetrieben im Kanton Baselland hat es Mitte Mai immer noch rund 700 offene Lehrstellen.
Folgende kleinere und grössere Massnahmen in einer nicht abschliessenden Aufzählung wurden bereits ergriffen oder sind in Vorbereitung:
— Der Lehrstellennachweis (LENA), der die wichtigste Grundlage für Jugendliche ist, um offene Lehrstellen zu finden, wurde in den letzten Wochen aktualisiert. Berufsberaterinnen und Berater nahmen dafür mit allen Betrieben telefonischen Kontakt auf.
— Alle Jugendlichen, die eine Zulassung für ein Brückenangebot erhalten haben, wurden nochmals aufgefordert, weiterhin eine Lehrstelle zu suchen. So kann erreicht werden, dass freie Plätze in den Brückenangeboten von Jugendlichen, die wider Erwarten keine Lehrstelle finden, genutzt werden können.
— Die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung unterstützt die Schulen mit Beratungen der Schülerinnen und Schüler am Schulstandort, die Beratungen vor Ort in den BIZ sind wieder möglich und die Infothek in Liestal ist an drei Nachmittagen geöffnet.
— Das Mentoring beider Basel, bei dem erfahrene Berufsleute Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz mit Rat und Tat begleiten, wird zusätzliche Mentorinnen und Mentoren mit Hilfe eines Aufrufs bei den Betrieben im Baselland suchen, um die Kapazität zu erhöhen.
— Die Wirtschaftskammer wird in den Sommerferien Jugendlichen aus den Sekundarschulen ohne Lehrstelle «Fit in die Lehre – trotz Corona» anbieten. In diesem Angebot werden die Jugendlichen in allen Facetten der Lehrstellensuche unterstützt und begleitet.
— Die Berufsberatung des Zentrums für Brückenangebote wird die nach dem Brückenjahr Anschlusslosen auch während der Sommerferien begleiten und unterstützen. Zudem ist geplant, dass zwischen Sommer- und Herbstferien am Zentrum für Brückenangebote eine weitere Begleitung von Jugendlichen stattfinden wird.
Es ist ein Paket mit vielen spezifischen Massnahmen, die den Jugendlichen den Anschluss in die Berufslehre ermöglichen soll. Wir sind zuversichtlich, dass im Sommer nicht mehr Jugendliche ohne Anschluss dastehen werden wie in Jahren ohne Corona.
Thomas von Felten, Leiter Abteilung Laufbahn und Integration