«Ich konnte für meine Bachelorarbeit aus drei Themen auswählen», sagt Jenny Meier aus Herznach. Das Projekt Blindenstock war ihr Favorit. «Der Herausforderung, eine Orientierungshilfe mit elektronischen, intelligenten Komponenten für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung zu schaffen, wollte ich mich gerne stellen», sagt die 25-Jährige. Denn ein Blindenstock sei für Betroffene essenziell im Alltag. «Ich wollte mit meiner Arbeit etwas umsetzen, das nicht einfach in einer Schublade verschwindet, sondern Zukunft hat», sagt sie. Dass sie dieses komplexe Thema in ihrer Bachelorarbeit wohl nicht fertig aufarbeiten kann, war allen Beteiligten bewusst. Denn erschwerend war, dass Meier alle Interviews mit blinden Menschen coronabedingt nur telefonisch und online abhalten konnte. «Auf diese Weise konnte ich die wichtigsten Bedürfnisse herausfiltern. Aber ein Testen mit Betroffenen war erst am Schluss möglich», sagt sie. Nichtsdestotrotz, ihr Prototyp erntete vom Blindenverband, dem Auftraggeber, viel Lob. «Das hat mich schon stolz gemacht. Und ich bin froh, dass sich Ryo für seine Bachelorarbeit ‹meines› Projekts annimmt und es mit der gleichen Leidenschaft verfolgt und verfeinert.» Jenny Meier und eine Studienkollegin waren die einzigen Frauen im Aargau, die vor vier Jahren das Studium Elektro- und Informationstechnik in Angriff nahmen. «Das war schon etwas speziell. Aber ich bin von meinen Kollegen gut aufgenommen worden. Ein wirklich spannendes Studium – ich kann es nur empfehlen. Vor allem auch Frauen, denn es gibt nichts, das wir Frauen nicht auch können», betont sie.
«Ich wollte mit meiner Arbeit etwas umsetzen, das nicht einfach in einer Schublade verschwindet, sondern Zukunft hat.»
Jenny Meier Bachelor Elektro- und Informationstechnik
Technik fand die 25-Jährige schon immer interessant. Vollends begeistert war sie jedoch nach dem Besuch der Berufsschau in Lenzburg. «Eigentlich wollte ich nur meinem Bruder Hallo sagen, der gerade in der Ausbildung zum Elektroniker stand und dort Interessierten seinen Beruf vorstellte. «Seine Ausbildungsbetreuerin nahm mich zur Seite, liess mich löten und andere spannende Sachen ausprobieren. Das hat mir so gut gefallen, dass ich die Lehre zur Elektronikerin in Angriff nahm.» Berufsbegleitend zum Studium arbeitete Meier bei Iftest in Wettingen. Erst war sie für das Betreuen von Prototypenaufträgen verantwortlich, seit April bringt sie ihr Fachwissen im gleichen Betrieb als Softwareentwicklerin ein.
Das Fachwissen von Ryo Widmer ist nun gefragt, um dem Blindenstock made bei FHNW den letzten Schliff zu verpassen. «Ich bin froh, dass ich bei meiner Bachelorarbeit auf alle Daten, die Jenny bei den Interviews und beim Entwickeln der Sensorik notiert hat, greifen kann», sagt der 23-jährige Ryo Widmer, für den Mathematik und logische Fächer seit jeher sein Steckenpferd sind. «Das von Jenny entwickelte Gerät werde ich nun kompakter, zuverlässiger und energieeffizienter verarbeiten, damit es nahe an ein Endprodukt herankommt. Dem Gerät muss ich noch eine Hülle verpassen, die wetterfest ist. Zudem ist es mein Ziel, einen Kompass einzubauen, der das Geradeauslaufen erleichtern soll», sagt der Zofinger. Bereits der Prototyp von Meier ist so konfiguriert worden, dass er sich an jedes Blindenstockmodell anbringen lässt. Zudem kann per Knopfdruck beim Hin- und Herschwingen die gewünschte Anzeigedistanz zu einem möglichen Hindernis zwischen einem und drei Metern gewählt werden. Im September sollte das Projekt abgeschlossen sein. «Es wäre schön, wenn sich dann ein Unternehmen findet, welches das Gerät produziert», betonen Jenny Meyer und Ryo Widmer. Carolin Frei